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  Island 2010
 

Island

Vorgeschichte
Im März 2010 habe ich mir ein Motorrad gekauft. Eine Honda Africa Twin. Ich habe viele Geschichten gelesen über das Reisen auf zwei Rädern. Jetzt möchte ich es auch mal probieren. Die Vorteile des Reisens auf dem Motorrad sind u.a. die Kosten, man ist näher an der Natur, man lernt problemlos Leute kennen und bei schönem Wetter macht es auch großen Spass.

Vorbereitung
Es dauert 4 Monate bis ich die notwendige Ausrüstung beisammen habe. Der Grund ist, dass man sich zuerst kundig machen und einlesen sollte über die Qualität und Eigenschaften der verschiedenen Hersteller.
Meine Motorradhose bekomme ich z.B. erst nach 5 Wochen geliefert, weil die Länge kein Standard ist und bestellt werden muß. Das Hilleberg Staika Zelt in grün ist nicht auf Lager und muß bestellt werden usw.
In Internet Foren informiere ich mich über die technischen Details der Africa Twin, damit ich bei evtl. Problemen mir hoffentlich selbst helfen kann.

Ich lege Wert auf gute Ausrüstung, da Island sicher nicht mein letztes Unternehmen sein wird.
Meine vorherigen Reisen habe ich nie besonders vorbereitet. Die letzten zwei Jahre bin ich ja nach Schweden und Norwegen mit meinem Bus gefahren. Es war keine besondere Vorbereitung nötig.

Im Island Reiseführer habe ich einiges über Island gelesen. U.a. das dass Wetter für Rad und Motorradfahrer auch im Sommer nicht geeignet ist. Wir werden sehen.
Als letztes lasse ich neue Stollenreifen montieren. Ich möchte auf jeden Fall in der Lage sein abseits der normalen Strassen fahren zu können.

Letzter Arbeitstag
9.07.2010 ist mein letzter Arbeitstag. Ich habe es tatsächlich geschafft. 14.00 Uhr und ich kann nach Hause gehen und habe Urlaub. Juchuuuu.

10.7. Alles ist gepackt und vorbereitet.  Es geht es los. Die ersten 400 km fahre ich bis zu meiner Schwester nähe Frankfurt und mache einen Zwischen Stop.

Am nächsten Tag geht es weiter.
Ich habe keine Eile; fahre gemütlich mit ca. 120 km/h auf der Autobahn Richtung Hamburg.

Haarscharf an Katastrophe vorbei
Die Autobahn ist dreispurig. Ich fahre auf der rechten Spur. Vor mir fährt ein PKW ziemlich gemächlich dahin. Den kannst Du mal überholen. Auf der Mittelspur fährt auch so einer gemütlich daher und überholt gerade denjenigen auf der rechten Spur.
Du kannst eigentlich beide nehmen denke ich mir. Mein Gedanke ist gleich über zwei Spuren fahren um dann auf der linken Spur beide Fahrzeuge zu überholen.
Ich schaue in den Spiegel. Beide Spuren sind frei.
Ich ziehe also nach links auf die mittlere Spur, um gleich auf die linke Spur zu wechseln.
Rein formal bzw. instinktiv drehe ich den  Kopf nach links, wobei ich ja davon ausgehe wie eben im Spiegel beobachtet, dass die linke Spur frei ist.
Als ich meinen Kopf dann nach links wende, bin ich schon fast auf der Linie zur linken Spur. In diesem Augenblick sehe ich im toten Winkel ein Auto heranrasen.
Oh Schreck. Sofort breche ich den Überholvorgang ab, halte die Maschine mit Kraftaufwand zurück über die Linie zu fahren. Im gleichen Augenblick schiesst ein schwarzer Wagen wie ein Pfeil an mir vorbei. Der hatte sicher 200 km/h drauf.
Riesenglück gehabt. Das war nur noch knapp. Ich bin etwas geschockt.
Denke darüber nach, wie es sich angefühlt hätte, wenn er mich mit diesem Tempo gerammt hätte. Puuuh. Ich frage mich wie das passieren konnte. Er ist auf einmal wie aus dem nichts aufgetaucht. Der hätte mich regelrecht abgeschossen und von der Fahrbahn gefegt. Das fängt ja gut an. Ja ja. Motorradfahrer leben gefährlich.

12.07
Ich übernachte noch mal auf einem Campingplatz in Dänemark. Recht gemütlich und riesengroß ist er. Sogar mit W-Lan. Sehr praktisch.
In zwei Tagen habe ich jetzt ca. 1000 km hinter mir.  Geht besser als ich dachte. Ich habe erwartet, dass ich evtl. Rücken oder Kniebeschwerden bekomme. Hatte ich schon öfters auch bei kleineren Strecken. Aber Nein. Ich halte mich ganz gut.

Am nächsten Tag fahre ich noch mal ca. 400km und marschiere in das Büro der Schiffsräderei Smyril Line wegen meinem Ticket.
Die Sachbearbeiterin befragt Ihren Computer und ich bekomme die Auskunft, dass eigentlich keine Tickets mehr vorhanden sind. Ausgebucht.
Oh. Damit habe ich jetzt aber nicht gerechnet. Ich dachte, die sagen dass immer, aber in Wirklichkeit bekommt man immer ein Ticket.

Die Dame sagt, dass sie es noch mal telefonisch abklären möchte, ob wirklich keine Tickets mehr zu haben sind.
Ich habe Glück und bekomme doch noch eins. Ich glaube denen das sogar, dass es jetzt aber wirklich knapp war.
Monate im voraus buchen ist wahrlich nicht mein Stil. Ich kenne mich. Oft genug passiert es mir, dass ich mir Dinge ganz kurz vorher noch mal anders überlege. Und was wäre gewesen, wenn es in strömen geregnet hätte? Von mir bis zur Fähre sind es rund 1400km. Dann wäre ich wahrscheinlich nicht losgefahren und hätte aber bereits gebucht.
In diesem Fall wäre ich dann wohl woanders hingefahren.

Am nächsten Tag 11:00 Uhr einchecken.
Die Stellplätze auf der Fähre für die Motorräder sind sehr eng. Die Maschinen stehen dicht an dicht nebeneinander, sodass zwischen den Alukoffern kein Millimeter Platz mehr ist. Noch etwas verzurren und sichern – fertig.

Motorräder werden verzurrt


Die Norröna legt ab.
Die Fahrt geht über 1000 km zwei Tage lang. Kurzer Zwischenstopp auf den Färöer Inseln.
Ich hoffe auf gutes Wetter, wenn wir am nächsten Morgen in Island anlegen.

Is- Land in Sicht
Leider ist meine Hoffnung vergebens. Als ich aufwache und am besagten Morgen an Deck gehe, liegt dicker Nebel über der Norröna. Schaut schlecht aus.

Der Reiseführer scheint recht zu behalten. Island ist nichts für Motorrad- und Radfahrer


Während die Fähre in den Hafen steuert macht man sich bereit und geht zum Deck wo sich die Fahrzeuge befinden. Die Motorradfahrer sind alle damit beschäftigt Ihre Maschinen von den Gurtbefesstigungn zu befreien.
Es ist soweit. Die Fähre hat angelegt. Ein Fahrzeug nach dem anderen verlässt das Schiff.
Das Wetter ist so, wie es kaum schlechter sein kann. Leichter Nieselregen und dicker Nebel. Die ersten 10km sehe ich nichts von Island und muß mich stark auf die Fahrbahn und meinen Vordermann konzentrieren.

Kurze Zeit später wird es jedoch besser. Stellenweise Sonnenlöcher, allerdings windig und ziemlich kühl – laut den Tafeln am Strassenrand 6 Grad. Ich fahre Richtung Süden auf der Hauptstrasse, die um die ganze Insel geht.





Es ist zwar dicht bewölkt, aber es regnet nicht und das ist eigentlich die Hauptsache.
Langsam kommt bei mir Stimmung auf. Die Landschaft ist wunderschön. Berge, Teer und Schotterstrassen. Es macht richtig Spass. Es ist kaum Verkehr, sodass ich die Gelegenheit nutzen möchte meine Africa Twin etwas besser kennen zu lernen. Ich fahre von der Strasse runter in den Schotter. Als ich wieder auf die Strasse fahren will, kippt mir die Maschine um und landet auf dem linken Alukoffer. Mist. Der ist neu und jetzt schon zerkratzt.
Was solls. Ich komme immer mehr zur Überzeugung, dass man ein Motorrad wie ein abgegriffenes Buch betrachten soll. Ein neues Buch, dass nicht abgegriffen ist und glänzt ist doch langweilig. Ein Motorrad, was viele Kratzer und Beulen hat könnte viele Geschichten erzählen wo es überall schon gewesen und was ihm so zugestossen ist.
Und meins könnte an dieser Stelle erzählen, dass sein Fahrer nicht genügend Erfahrung auf Schotter hatte und nicht aufgepasst hat.
Zum Glück kann ja ein Motorrad nicht reden und ich kann die Geschichte immer so erzählen, wie es mir passt. Ja, ganz klar. Das Motorrad war schuld.

Meine Freude ist groß. Am ersten Tag schaffe ich ca. 300km. Ich habe das Gefühl, ich könnte immer so weiter dahin fahren.
Als ich dann irgendwo den Reissverschluss meiner Rukka Jacke schliessen möchte, passiert mir ein Malheur. Der Reissverschluss reisst ab. Ja so was blödes. Wie soll ich jetzt die Jacke zumachen? Es ist nur noch der Schliesser  vorhanden, aber nichts mehr zum festhalten.
Das ist jetzt aber ärgerlich. Es ist kaum möglich den Schliesser so mit den Fingern bis zum Kragen hochzuschieben, wenn ich noch die Fliessjacke darunter an habe.
Nach einigem überlegen habe ich eine geniale Idee. Ich nehme einen Kabelbinder führe ich durch die Schliesseröse. Geht. Kabelbinder sind wirklich unerlässlich und sollten nie im Werkzeug Sortiment fehlen.
Vorläufig werde ich mich damit begnügen. Wenn ich zurückkomme, muß die Jacke zur Reparatur.
An einem deutschen Cafe halte ich an. Ich gönne mir eine kleine Stärkung. Es gibt Kaffee und Kuchen.

Ich fahre einen Campingplatz bei Höfn an. Hier möchte ich die erste Nacht bleiben und stelle mein Zelt auf.

16.7.10
Am frühen Morgen ist der Himmel bewölkt. Es weht ein heftiger Wind. Mir fehlt es schwer aufzustehen und mein warmes Nest zu verlassen.
Nachdem ich mich dann doch dazu überwunden und meine Ausrüstung eingepackt habe, geht es weiter auf der Ringstrasse um Island herum.
Glücklicherweise ist es trocken. Ich fühle mich gut. Was mich schon stört, dass ist der heftige Wind. Er ist teilweise so stark, dass ich auf geraden Strecken geneigt fahren muß, um nicht von der Strasse gefegt zu werden. Schaut bestimmt seltsam aus für die entgegenkommenden Fahrzeuge, dass die Maschine auf gerader Strecke um ca. 7 Grad geneigt daher kommt. Wenn der Wind nicht wäre, wäre so ein Manöver gar nicht möglich.
Der Wind, mein ständiger Begleiter reisst und zupft an meinem Helm und strapaziert meine Halsmuskulatur einseitig.
Mit dem Wetter habe ich Glück. Immer wieder kommt die Sonne durch die Wolkendecke durch. Am Nachmittag werden es immerhin angenehme 16 Grad.

Gletscher im Süden










Irgendwann komme ich an die F985 nach Jöklasel. Im Reiseführer habe ich gelesen, dass die Landschaft sehenswert ist. Na gut. Ich habe ja gerade eh nichts vor. Dann fahren wir mal nach Jöklasel.
Es geht an einem Touristenschild vorbei auf die Schotterstrasse. Keine Ahnung was mich erwartet. Schotterstrassen reizen mich ja eh unheimlich, weil ich da meine fahrerischen Künste etwas ausbauen kann.
Mit der vollbeladenen Maschine ist es nicht einfach auf dem groben Schotter zu fahren. Man muß auf große Steine, Schlaglöcher usw achten.

Die Strasse windet sich in Serpentinen und kurzen geraden immer weiter nach oben. Immer wieder wunderschöne Aussichten. Berge und Täler, Gletscher, Schmelzwasser. Meine Stimmung ist auf dem Höchstpunkt. Es ist einfach toll hier zu sein.
Nach ca. 16km auf der Schotterstrasse bin ich oben angekommen, wo es nicht mehr höher geht. Mein Navi sagt mir, dass ich auf 823m hochgefahren bin.
Hoffentlich klappt es abwärts genauso gut. Ich bin nämlich teilweise steile Passagen hochgefahren.
Abwärts ist es anstrengender.  Ich merke wie ich immer wieder die Kraft meiner Arme einsetzen muß. Auch die Beine brauche ich, um die Maschine auf Kurs zu halten. Mehrmals kippt sie mir fast um.
Ich registriere, dass sich die Maschine besser beherrschen lässt, wenn ich die Motorbremse benutze, statt im Leerlauf immer wieder zu bremsen.

Dann halte ich an, um Fotos zu machen. Plötzlich fegt ein Windstoss meine Handschuhe vom Motorrad. Oh Nein. Ich stehe gerade auf einem Berg. Schnell hinterher. Ich darf die Handschuhe nicht verlieren. Hab  ich Euch. Aufpassen heisst die Devise. Handschuhe wie auch die andere Ausrüstung sind sehr wichtig, weil ich es nicht hier irgendwo bei Verlust gerade mal nachkaufen kann.

Was ich noch so klasse finde ist der trockene Staub, der aufgewirbelt wird, wenn ich schneller auf Schotterstrassen fahre. Ich sehe die Staubwolke im Spiegel wie sie in alle Richtungen geweht wird.

Es geht weiter und immer weiter auf der Hauptstrasse, die kein Ende nehmen will.
Die Landschaft wechselt öfters von grünen Büschen, Stepplandschaft und riesigen Lavafeldern.

 Laut Reiseführer soll es vor der Stadt Vik noch einen tollen Campingplatz auf einer Schotterstrasse geben. Man muß allerdings wieder 14km durch die Pampa fahren.
Na gut. Ich bin ja nicht zum Vergnügen hier. Gefahren bin ich heute wieder ca. 350km.
Ich biege von der Hauptstrasse auf die Schotterstrasse 214. Die Fahrt macht Spass. Unterwegs teste ich noch wie sich meine Maschine im schwarzen Lava Sand verhält. Man spürt, wie sich der reifen in den weichen Sand drückt. Um richtig Spass zu haben müsste ich eigentlich etwas Luft aus den Reifen lassen, um die Auflagefläche zu vergrössern. Aber ich will es nicht übertreiben und begnüge mich mit ein paar leichten Schlenkern und Piruetten. Es geht Querfeldein. Der Campingplatz Pakgil ist in einem Tal gelegen und von grün bemoosten Bergen umgeben. Ich finde es landschaftlich wunderschön, allerdings etwas trostlos. Man kann nichts einkaufen.



Campingplatz Pakgil




Griffheizung Stufe Zwei

Gestern bin ich kurz durch die Hauptstadt Reykjavik gefahren. Anschliessend habe ich zwei Typen aus Duisburg am Campingplatz getroffen. Der eine mit einer Suzuki DR 800 und der andere mit einer Africa Twin. Klar, dass man da ins Gespräch kommt. Wir haben uns bis um 1 Uhr Morgens über alle möglichen Dinge unterhalten.
Einer von denen hat die gleiche Griffheizung wie ich. Ich beklage mich, dass meine nur lauwarm wird. Darauf hin sagt der Typ: „Du musst den Schalter der Heizung auf „Stufe zwei“ stellen“. Darauf ich: „In der Gebrauchsanleitung steht aber, dass die „Stufe zwei“ nur zum vorheizen ist und nicht länger als eine Minute auf dieser Stellung verbleiben soll, sonst könnte die Heizung schaden nehmen“. Darauf der Typ: „Ich lese keine Gebrauchsanleitungen“.

Im Sommer wird es hier gar nicht mehr dunkel. Die Sonne geht um ca. 1.00 Uhr Nachts deutscher Zeit unter. Es bleibt aber weiter hell. Die innere Uhr sagt einem dann schon, wenn man müde werden soll.
Mittags hat man das Gefühl, dass die Sonne am Himmel klebt, weil sie sich kaum bewegt.



Am nächsten Tag, als es wieder kühl wird probiere ich doch die Stufe zwei der Griffheizung, obwohl in der Anleitung sicher steht, dass Stufe zwei nicht länger als eine Minute zu benutzen ist.
Der Typ hat Recht. Die Heizung wird ziemlich heiss. So heiss, dass die Griffe irgendwann anfangen zu stinken. Das würde mir ja noch fehlen, wenn der Lenker wegen der Griffheizung in Brand geraten würde. Bis jetzt ist noch nichts kaputtgegangen. Was haben die sich schon wieder gedacht, als sie die Anleitung geschrieben haben? Ich dachte schon, die Griffheizung wäre Schrott. Man sollte vielleicht wirklich nicht immer die Gebrauchsanleitung lesen, oder zumindest nicht alles glauben.

Bin heute wieder viele Kilometer über Schotterstrassen gefahren und ein ganzes Stück weitergekommen. Es macht unheimlich Spass auf 100 km/h zu beschleunigen und im Spiegel eine Staubwolke von 100m Länge zu sehen.
Die Kehrseite der Medaille ist aber, wenn mir PKW entgegenkommen, bekomme ich die volle Ladung der Staubwolke, sodass ich kurzzeitig kaum was sehen kann.  Vorsicht ist immer geboten und nicht die Konzentration verlieren. Kommt man aus der eingefahrenen Schotterspur, fängt das Vorderrad an zu schwimmen.
Oftmals heisst es Nerven behalten und die Maschine unter Kontrolle halten.
Sonnenschein pur. Gestern stand an einer Tafel 25 Grad. Ein Isländer sagte mir, dass in diesem Gebiet das rauhste Klima Islands herrscht.
Solange sich das Wetter hält möchte ich unterwegs sein und fahren. Ich weiss ja nicht wie es Morgen wird. Also fahre ich und nutze das tolle Wetter aus.

Der Nordwesten ist schön. Es ziehen Fjorde, Berge, wunderschöne Landschaften an mir vorüber. Zwischendurch frage ich mich, wie die Natur das alles bloss gemacht hat.





irgendwo im nirgendwo...


Berge im Nebelschleier






Fjorde im Nordwesten





Ich bin müde und beschliesse mein Wig Wam bei den Dynjandifoss Wasserfällen, die sehr beeindruckend sind aufzubauen und im Rauschen des Wassers einzuschlafen.

Dynjandifoss Wasserfälle



20.7.10
Gestern bin ich auf Empfehlung vom besagten Isländer eine spezielle Strecke gefahren. Er sagte, die Strecke von ca. 45km hätte so ein verrückter mit seiner Privatraupe planiert. Weiterhin meinte er, dass das ein Geheimtipp mit wunderschöner Aussicht ist.
Klingt gut. Ich komme an der Abzweigung wo die Strecke beginnt.
Ein Schotterweg, auf dem man gemütlich mit 60km/h fahren kann. Es geht weiter und immer weiter. Anfangs bin ich gut gelaunt und fahre entspannt. Dummerweise wird es nebelig. Man sieht nicht mehr viel von der Landschaft.
Nach ca. 10km verändert sich die Strecke rapide zum schlechteren.
Ich denke sogar ans umkehren; fahre aber weiter in der Hoffnung die Strecke wird besser und der Nebel würde sich auflösen.
Beide Hoffnungen werden leider nicht erfüllt. Im Gegenteil. Die Strecke wird deutlich härter und der Nebel bleibt.
Ich komme an eine Stelle nahe dem Flussufer, wo die Steine aus der die Strasse besteht halb so groß wie Fussbälle sind. Ja Hilfe. Und da soll ich jetzt mit meiner Africa Twin durch?
Ich muß. Ich fahre äusserst konzentriert und angespannt. Mein linker Ellebogen macht sich bemerkbar durch die Krafteinwirkung am Lenker. Ich fahre im ersten Gang. Meine Maschine tut mir Leid und ich hoffe, dass sie diese Tortur heil übersteht.
Die Beschaffenheit der Strecke verändert sich immer wieder. Es wird jedoch kaum besser. Manchmal kommen Steigungen, wo ich befürchte nicht mehr anfahren zu können, wenn die Maschine zum Stillstand kommen sollte. Dann wieder Faustgroße Lava Steine säumen den Weg. Dieser windet sich um Berge herum und ist nicht abgesichert. Eine Reifenpanne würde mir gerade noch fehlen.
Vor der Abfahrt habe ich mir grobe Stollenreifen aufziehen lassen. Das war auch gut so, denn normale Strassen Reifen hätten auf dieser Strecke keine Chance.

So ein Irrer. Wie konnte er mir diese Strecke empfehlen? Kein Mensch weit und breit in dieser abgeschiedenen Pampa.
Selbst wenn sie wunderschön gewesen wäre, was ich leider durch den Nebel meistens nicht sehen konnte; Ich hätte mich eh zu sehr auf die Strecke konzentrieren müssen und hätte kaum etwas von der Landschaft sehen können. Das war mit Abstand mein schwerstes und gefährlichstes Manöver.

Ich bin froh, als ich wieder auf der normalen Strasse bin. Die Übung war Lehrreich, jedoch hätte ich auch gerne darauf verzichten können.
Die Strecke ist wirklich etwas für Abenteurer oder Dummköpfe.
Nachdem ich das ohne Crash geschafft habe, traue ich mir jede andere Strecke zu. Na, wir werden sehen. Es warten noch Flussüberquerungen auf mich auf dem Weg nach Askja. Da habe ich noch keine Übung, dafür aber gewisse Bedenken.

Heute sind mir gleich zwei Merkwürdigkeiten passiert.
Zwei mal hätte ich fast ein Schaaf platt gefahren. Bei einem mal pennen drei dieser Viecher auf einer Brücke. Ich sehe sie erst in dem Augenblick, als sie vom Motorengeräusch aufgeschreckt aufspringen. Im gleichen Augenblick rase ich möglichst weit rechts an ihnen vorbei.
Beim zweiten mal fahre ich in Gedanken versunken mit ca. Tempo 100, als plötzlich wieder so ein Vieh von der linken Strassenseite im Abstand von ca. 2 Meter vor meinem Vorderrad über die Strasse galoppiert. Echt irre.
Die andere Merkwürdigkeit war: Ich bewundere gerade die Landschaft, als plötzlich von links ein Vogel sich mit dem Schnabel voran gegen meinen linken Spiegel stürzt.
Ja, hat der sie nicht mehr alle? Möglicherweise war es ein Flugfehler. Vielleicht war es aber auch ein Amokflieger. Wer weiss woran diese Isländischen Geier leiden, wo es hier doch die meiste Zeit des Jahres kalt und dunkel ist. Ein Typ erzählte mir gestern, dass ihn Vögel angegriffen hätten.
Mein Vogel landete, wenn ich das richtig mitbekommen habe im Strassengraben. Ich glaube nicht, dass er es geschafft hat.

Island
Was mir an Island gefällt ist vielerlei. Das Land ist wenig bevölkert. Auf der Ringstrasse 1, die 1340km um die Insel geht, habe ich bis jetzt keine Ampel bewusst gesehen. Man kann ohne anzuhalten immer dahinfahren und die Natur bewundern. Es gibt keine Staus, ausser vielleicht in Reykjavik der Hauptstadt. Island hat nur wenige Städte. Meistens sind es kleine Ortschaften bzw. eine Ansammlung von Häusern, die weit auseinander liegen.
Beim durchfahren der Ringstrasse ist die Landschaft sehr abwechslungsreich. Berge, Hügel, Täler, Gletscher, Fjorde. Malerische Natur.

Ab in den Graben
Ich bin unterwegs auf der F862 zu den Dettifoss Wasserfällen. Es sollen die grössten in Europa sein. Die F862 ist auch wieder eine Schotterstrasse, die ich schon beinahe mit Routine fahre. Dennoch ist Vorsicht geboten. Ich fahre mit ca. 50km/h auf eine Steigung zu, überwinde diese und bin mit einem Schlag im Tiefsand. Die Maschine fängt an zu schlittern und zu schlingern. Ich versuche mein bestes um sie unter Kontrolle zu halten – vergebens. Ich stürze und lande rechts neben der Strasse in einem aus weicher Erde bestehenden Graben.
Jetzt habe ich ein Problem. Ich liege auf dem Rücken und die Maschine auf meinem rechten Fuß. Mein Fuß ist zwischen Fußraste und Boden eingeklemmt. Ich kann meinen Fuß nicht rausziehen. Verdammt. Wie komme ich jetzt hier raus? Auch mit Kraftvollen ziehen, schaffe ich es nicht den eingeklemmten Stiefel raus zu ziehen. Dann kommt mir eine Idee. Ich beuge mich soweit wie möglich vor, schaufele mit den Händen die Erde unter dem Stiefel soweit wie möglich aus und untergrabe sie damit. Es gelingt mir mich zu befreien.

Auf der Strasse kommt ein Landrover. Die Maschine liegt immer noch im Dreck. Der Fahrer bietet mir seine Hilfe an. Gemeinsam schaffen wir es sie aufzurichten und anschliessend wieder auf die Fahrbahn zu bringen. Nochmal gut gegangen, allerdings ist die rechte Verkleidung eingerissen und am Abend stelle ich fest, dass meine teuere Rukka Hose, die auch eingeklemmt war in der Höhe vom Knöchel massiv beschädigt ist. Der heisse Auspuff hat das Gewebe geschmolzen. Das wichtigste ist aber, dass ich heil davon gekommen bin.

Myvatn


Lavafelder Richtung Askja


Dettifoss Wasserfälle


Gestrandet
Es ist schon Abend und ich beschliesse dennoch nach Askja zu fahren. Über diese Tour mache ich mir schon seit einiger Zeit Gedanken. Was ich am meisten fürchte sind die Flussüberquerungen, die dann vor mir liegen und ich schon einiges darüber gelesen habe.
Sollte das Wasser zu tief sein, könnte es über die Entlüftungsschläuche vom Vergaser in den Benzinkreislauf gelangen. Sofortiger Stillstand des Motors wäre die Folge.
In Foren habe ich mich darüber schon informiert. Da hiess es meistens, dass ich mir da keine Sorgen machen muß. Das Ansaugsystem der Africa Twin ist ziemlich hochgelegt und ein eindringen des Wassers unwahrscheinlich.
Ich besorge mir ein paar Schrauben, die von der Grösse in die Entlüftungsschläuche passen. Meine Idee ist, die Schrauben bei der Überquerung des Wassers in die Schläuche zu stecken, um sie so abzudichten. Sollte das Wasser zu tief sein, ist dass aber auch keine Garantie.

Die F88 ist eine Schotterstrasse, die mich nach 108km zum Ziel bringen soll.
Die Strassenbeschaffenheit ist sehr unterschiedlich und teilweise anstrengend und schwer zu fahren. Grobsteiniger Schotter, Steine die aus dem Boden ragen, furchen, Schlaglöcher, enge kurven und  was ich am meisten fürchte ist Tiefsand. Auf Tiefsand wird die Maschine nahezu unkontrollierbar.
Teilweise ist die Fahrbahn wie aus Wellblech, sodass meine Maschine so extrem durchgerüttelt wird, dass ich glaube, dass mein Computer im Alukoffer das nicht überleben kann.

Belohnt wird man mit wunderschöner Aussicht, wenn man die Zeit hat auch neben die Strasse Richtung Horizont zu schauen. Wunderschöne Berge, Lava Felder in verschiedenen Formationen. Auseinander gesprenkelte Lava Steine in unterschiedlichen Grössen soweit das Auge reicht. Eine Stein- und Sandwüste, die ihr Gesicht immer wieder ändert.
Das Areal ist vollkommen Menschenleer. Das nächste Camp liegt in 60km Entfernung. Die Sonne scheint schon die ganze Woche. Ich kann es kaum glauben, dass ich mit dem Wetter soviel Glück habe.

Wellblechpiste F88 nach Askja


Schotterstrasse F88 nach Askja


Nach ca. 40km kommt die dann die erste Flussüberquerung. Von einem anderen Motorradfahrer habe ich hohe Kanalstiefel geschenkt bekommen. Die ziehe ich jetzt an, um mal die Flusstiefe zu loten. Ich schätze, dass es so um die 25cm Tiefe sind. Das sollte zu schaffen sein, ohne das ganze Gepäck abladen zu müssen. Die zu durchfahrende Strecke ist ca. 15 – 20m. Ich komme durch. Das war kein Problem.
Weiter geht’s. Nach ca. 20km kommt dann der nächste Fluß. Ich ziehe wieder die Stiefel an um die Tiefe zu loten. Hm, dieser Fluß ist deutlich tiefer. Ich gehe ihn etwas ab, um die niedriegste Stelle zu finden. Zwei kleine Jungs stehen am Ufer und sehen gespannt meinem Vorhaben zu.
Es ist ca. 22.00 Uhr in Island aber Taghell. Mir ist nicht wohl dabei.  Kurz  vor dem gegenüberliegenden Ufer ist an einer Stelle ein Loch und das Wasser so hoch wie die Sitzbank. Da darf ich bloss nicht reinfahren. Ansonsten ist es etwa Kniehoch. Mir ist nicht wohl dabei, aber ich will da rüber. Jetzt heisst es Motorrad abladen.
Ich mache mich bereit. Stück für Stück geht es langsam über den Fluß. Und dann plötzlich bin ich in dem Loch. Ich konnte wohl den ausgedachten Kurs nicht halten. Ca. 4m vom rettenden Ufer stirbt der Motor ab. Oh nein nur das nicht. Ich versuche noch mal zu starten. Keine Chance. Jetzt stehe ich da mit der Maschine im Wasser. Ich schaffe es sie etwas weiter nach vorne zu schieben, aber sie ist zu schwer, als dass ich sie alleine zum Ufer schieben könnte.

Die Eltern der Kinder haben mein Problem erkannt und fragen mich, ob sie helfen können.
Ja, dass wäre natürlich super. Die beiden haben schnell Ihre Hosen ausgezogen, watten durchs Wasser. Zu dritt schaffen wir es die Maschine wieder an Land zu bringen.
Ich frage mich, was ich gemacht hätte, wenn die beiden nicht da gewesen wären. Alleine hätte ich es nicht geschafft. Vielleicht hätte ich nach einer Stunde die Maschine im Fluss gelassen.
Auf jeden Fall ist es dumm, ohne das Hilfe zu erwarten wäre eine tiefe Flussüberquerung alleine durchzuführen.

Jetzt stehe ich hier am Ufer mit einem Motorrad, was nicht mehr anspringen will. Mein Alptraum ist wahr geworden. Auf jeden Fall bedeutet es, dass ich heute nirgendwo mehr hinfahren werde. Ich baue mein Zelt auf. Vielleicht kann mir ja Morgen jemand helfen, der den Fluß überquert. Ich hoffe auf Motorradfahrer.

Am nächsten Morgen fange ich dann selbst an zu schrauben. Vielleicht ist ja Wasser im Zylinder. Die Zündkerzen müssen rausgeschraubt und gereinigt werden.
Der Versuch schlägt fehl. Ich möchte jetzt nicht anfangen die Vergaser auszubauen und die Schwimmerkammern, die evtl. mit Wasser gefüllt sind. Dazu fehlt mir auf jeden Fall das Know how und vielleicht auch das Werkzeug. Ich baue alles wieder zusammen und marschiere los zum nächsten Camp, dass sich in ca. 4,5km Entfernung befindet. Ausser Geld und Ausweis, lasse ich die Ausrüsstung am Ufer.
Am Camp angekommen erkläre ich meine Situation. Die Lady bietet mir an jemanden vom Myvatn kommen zu lassen. Der würde mein Bike auf seinen Truck laden und in eine Werkstatt bringen. Ich stimme zu. Was bleibt mir auch anderes übrig. Auf Motorradfahrer, die mir evtl. helfen können, möchte ich nicht setzen.
Ich gehe wieder die 4,5km zurück, weil ich die Ausrüstung nicht solange alleine lassen möchte.

Nach ca. 4 Stunden warten kommt der Truck. Wir laden das Motorrad auf die Ladefläche. Durch einen Fehler des Fahrers stürzt es auf die Seite. Jetzt ist die Verkleidung noch mehr eingerissen als nach meinem Sturz und im Tank ist eine kleine Beule. Na toll.
Wir fahren jetzt die ca. 90km zurück. Der Fahrer redet während der ganzen Fahrt kein Wort, kann auch nicht richtig Englisch. Na egal. Mir ist auch nicht gerade zum quatschen.

In der Werkstatt angekommen wird das Motorrad entladen. Mir wird klar, dass die hier keine Ahnung von meiner Maschine haben. Ich bekomme die Anweisung was ich machen soll. Der Chef sagt, ich soll die Batterie ausbauen. Sie wird über Nacht geladen. Und am nächsten Morgen sollen die Zündkerzen ausgebaut und gereinigt werden.
Sie fahren mich noch zu einem Campingplatz zum übernachten.

Am nächsten Morgen um 8.00 Uhr stehe ich bei der Werkstatt wieder auf der Matte. Ich baue die Zündkerzen aus und reinige sie, indem ich die Ölrückstände mit einem Bunsenbrenner abrenne und die Kontakte mit Schleifpapier bearbeite. Dann heisst es wieder alles einbauen.
Als ich dann starten will, kommt der nächste Schock. Ich habe erwartet, dass die Maschine gleich startet. Sie stottert, will nicht starten. Oh nein oh nein. Wahrscheinlich ist doch Wasser in den Schwimmerkammern vom Vergaser.
Ich starte noch mal und noch mal. Jetzt scheint sie langsam zu kommen. Solange ich den Starterknopf halte läuft der Motor, lasse ich ihn los, stirbt er wieder ab.
Ich mache weiter. Immer wieder starten.
Und dann endlich. Das Baby läuft wieder. Ein Stein fällt mir vom Herzen. Was bin ich froh.
Worüber ich mich dann aber überhaupt nicht freue ist die Rechnung. 430 Euro kassiert der Chef ab. Darin enthalten sind die Abschleppkosten, die Steuer und die Hilfe in der Werkstatt.

Ja, und wie geht es jetzt weiter? Ich mache mir Gedanken, ob ich jetzt ganz normal wieder weiterfahre, oder ob ich noch mal einen Versuch starten soll über den Fluss und nach Askja zu kommen.
Nach einigen zweifeln und langem hin und her entscheide ich mich für einen zweiten Versuch.
Ich packe meine Sachen im Camp zusammen. Askja ich komme.
Unterwegs kommen immer wieder Zweifel. Dennoch glaube ich, dass ich es diesmal schaffen werde. Ich hatte am Tag meiner Panne genügend Zeit zu beobachten, wo die niedrigste Stelle ist. Ausserdem habe ich diesmal vor die Maschine mit Hilfe von jemand anderen über den Fluß zu schieben, ohne den Motor an zu lassen.

Nach ca. 1 Stunde Fahrt stehe ich am gleichen Ufer, wo ich am Vortag gescheitert bin.
Es ist 14:00 Uhr und auf der anderen Uferseite steht eine kleine Menschenansammlung. Unter anderem auch die Ranger von Gestern, die gescheiterten Touristen helfen sollen.
Der Fluß ist ca. 25 – 30m breit. Um auf der niedrigsten Stelle im Wasser zu bleiben muß man eine Kurve fahren, sodass es um die 45m sind.
Vom anderen Ufer schaut alles gebannt auf mich. Au weia. Wie im Theater und ich bin der Hauptdarsteller.
Ich gehe mal die Strecke im Wasser ab, wo ich am Vortag gesehen habe, wie ein kleines Fahrzeug mit wenig Bodenfreiheit problemlos über den Fluss gekommen ist.
Das Wasser ist hier vielleicht 35cm tief.
Die Entlüftungsschläuche habe ich diesmal mit den Schrauben verschlossen.
Obwohl ich mir vorgenommen habe die Maschine über den Fluß zu schieben, glaube ich, dass ich an dieser Stelle auch darüber fahren kann. Etwas Sorgen macht mir der Grund. Grober Schotter. Die Maschine könnte darin stecken bleiben.

Ich fange an alles ab zu laden, überlege nicht mehr lange, fahre los.
Die Reifen tauchen ins Wasser ein. Ich fahre genau die ausgedachte Kurve. Im Wasser hört sich der Motor ganz anders an. Stück für Stück geht es über den Fluss. Die Maschine schlingert, jedoch halte ich sie auch mit den Füssen, die im Wasser sind auf Kurs.
Vom anderen Ufer schauen alle gebannt auf meine Aktion. Einige machen Fotos.
Einige Meter vor dem Ufer spüre ich, wie sich der Hinterreifen tiefer in den Schottergrund eingräbt. Die Motordrehzahl ist hoch, trotzdem  werde ich  langsamer. Der Hinterreifen dreht im Wasser durch. Ich darf jetzt auf keinem Fall das Gas zurücknehmen, sonst würde ich stecken bleiben.
Mit den Füssen helfe ich nach sogutt es geht. Noch ein paar Meter. Geschafft. Juchuuuuu.
Alle freuen sich, dass ich es geschafft habe. Ich traue mich zuerst gar nicht die Maschine auszuschalten. Könnte ja sein, dass sie nicht mehr anspringt.
Ich bin überglücklich am anderen Ufer zu sein, packe langsam wieder meine Sachen zusammen und fahre Richtung Askja.

Zweiter Versuch -  Flussüberquerung Herdubreid auf dem Weg nach Askja




Im Lager vor Askja angekommen lerne ich drei deutsche kennen. Schöne Unterhaltung. Ich schlage mein Zelt auf. Ich habe eine Gewebeplane aus dem Baumarkt mitgenommen. Zuerst dachte ich, ich würde sie gar nicht brauchen, weil ich bis jetzt immer auf weichem Gras campen konnte. Im Grunde war sie auch dafür gedacht, wenn es mal heftig regnet, dass ich sie irgendwie aufspannen kann, um kurzzeitig darunter Schutz zu finden.
Heute brauche ich sie auf jeden Fall. Der Untergrund ist steinig und ich möchte nicht meinen Zeltboden beschädigen. So wird die Plane auf dem Boden gelegt und das Zelt darüber.

Schotterstrasse F88 nach Askja


Fussweg über Berge zum Askja Lake


Fussweg über Berge zum Askja Lake


Askja Lake
Am nächsten Morgen stehe ich wieder zeitig auf. Mein Ziel – der Askja See. Die Strecke zum Askja Lake ist 8km und geht über steinige Hügel. Als ich gerade losmarschieren will, treffe ich die junge Dame, die das Camp verwaltet. Ich frage sie, ob es sich lohnt über die Hügel zu gehen, weil man ja auch motorisiert bis kurz vor dem Askja See fahren kann. Sie sieht mich an und fragt, ob ich so gehen will. Also T-Shirt, kurze Hose. In der linken Hand habe ich noch mein GPS und in der rechten Hand meine Kamera. Ich sage ja.
Sie meint, dass ist überhaupt keine gute Idee. Sie empfiehlt mir etwas warmes mitzunehmen, weil hier das Wetter sehr schnell umschlagen kann. Ausserdem etwas zu trinken und zu Essen. Aber die Aussicht von den Hügeln ist schön und es lohnt sich schon ist ihre Antwort.
Na gut. Etwas widerwillig gehe ich zu meinem Zelt, packe das nötigste inklusive Wasser in meinen Tankrucksack, den ich schultern kann und beginne den Aufstieg.

Es geht immer weiter Bergauf. Laut GPS komme ich bis auf 1300 Höhenmeter. Die Aussicht ist wunderschön. Berge in verschiedenen Farben am Horizont. Lava Felder, Wüste, kleine Eisflächen. Ich brauche viel Energie und der Tipp die Wasserflasche mit zu nehmen war gut. Dann nach ca. 2 Stunden wird der See sichtbar. Ein wahrlich beeindruckender Anblick.
Es geht wieder langsam bergab. Der ganze See ist umgeben von Bergen. Es ist still und ruhig. Niemand weit und breit.
Meine Füsse tragen mich bis ganz nah an das Wasser hin. Ich setze mich auf einen Stein und schaue in und über das Wasser. Es ist nahezu spiegelglatt und kristallklar.

Der Askja Lake umgeben von Bergen und Eisflächen


Der Askja Lake


Nach einer Verschnaufpause marschiere ich diesmal auf dem Strassen Weg wieder zum Camp zurück, packe meine Ausrüstung zusammen und fahre wieder ab.
Momentan habe ich genug von den Schotterstrassen und Flussüberquerungen. Ich möchte wieder auf die geteerte Hauptstrasse und so langsam wieder nach Seydisfjordör, um mein Ticket für Donnerstag zu sichern. Zudem merke ich, dass meine eigenen Kräfte langsam nachlassen.

Tiefsand

Ich muss jetzt ein Stück zurückfahren von wo ich gestern gekommen bin, nehme die Abzweigung zur F910. Kurze Zeit später erlebe ich meinen zweiten Alptraum – Tiefsand.
Tiefsand ist für mich absoluter Horror. Solange es kleine Passagen sind so um die 20 oder 30 Meter sind komme ich damit zurecht. Aber auf der F910 will der Tiefsand gar nicht aufhören.
Ich versuche in der Spur zu bleiben, die Fahrzeuge vorgeformt haben. Das gelingt mir immer nur kurzzeitig. Die Maschine schwimmt, neigt immer wieder nach links oder rechts auszubrechen. Ich fahre im ersten Gang. Das Hinterrad dreht durch. Immer wieder komme ich aus der Spur, versuche mit den Füssen die Balance zu halten, so gut es geht.  Die Maschine kippt um. Ich muß runter vom Sattel und sie mit viel Kraft wieder aufrichten. Wieder rauf auf den Bock. Das gleiche Spiel von vorn.
Ab und an kommen mir Fahrzeuge entgegen oder fahren auch hinter mir und beobachten meinen Kampf gegen den Sand. Ich schwitze und mir ist heiss. Ich weiss nicht, ob von der Sonne oder von der Anstrengung.
So geht es eine ganze Zeitlang dahin. Irgendwann wird der Tiefsand dann weniger. Ich bin so ausgepowert. Es folgt harte Wellblechpiste. Die Maschine wird über weite Strecken so hart durchgerüttelt.

Stiefel ade
Durch die Flussüberquerungen sind meine Stiefel nass geworden. Ich habe sie zum trocknen zwischen die Schutzbügel, die um den Motor gehen geklemmt. Unterdessen fahre ich mit meinen normalen Wanderschuhen.
Zwischendurch schaue ich aber immer wieder, ob die Stiefel noch da sind und nicht durch die vielen Erschütterungen sich gelöst haben. Ich muss mich auf die Strasse konzentrieren und kann nicht jede Minute auf die Stiefel schauen.
Das geht eine ganze Zeitlang gut. Als ich dann wieder einen Blick auf die Stiefel werfe fehlt einer. So ein Miiiiist. Ich habe den Stiefel verloren. Sofort umdrehen. Nach 4 Kilometern finde ich den Ausreisser auf der Schotterstrasse wieder. Diesmal werden die Stiefel mit Kabelbinder gesichert.

Kleine Flüsse überfahre ich mit Routine. Doch dann kommt es wie es kommen muß. Ich stehe wieder vor einem Fluß der mir Respekt einflösst. Ich möchte nicht noch einmal das Abenteuer erleben abgeschleppt zu werden und laufe mal durch das Wasser.
Es ist nicht so tief, aber der Grund besteht aus richtig großen teilweise kantigen Steinen. Ich lade mein Gepäck ab und suche den besten Weg. Und los geht’s. Immer schön langsam durch das Wasser. Dann passiert es wieder. Kurz vor dem Ufer kippt mir die Maschine um. Noch während dem umkippen drücke ich auf den Kill Schalter, der den Motor sofort ausschaltet, sodass er nicht mehr ansaugen kann.
Ich richte wieder möglichst schnell die Maschine auf. Versuche sie jetzt ohne Motor durch das Wasser und über die Steine zu schieben. Ohne Motor können  230kg Masse sehr träge sein. Mit schieben komme ich nicht weiter. Ich setze mich drauf, starte mal den Motor, weil das Wasser nicht mehr so tief ist und ich gerade mal ca. 3 Meter vom Ufer weg bin. Der Motor springt kurz an, geht aber wieder aus. Ich steige wieder ab, schiebe die schwersten Steine mit den Händen unter den Reifen weg. Die Maschine kippt mir dabei wieder ins Wasser. Sofort schnell wieder aufrichten.
Es kommt ein Fahrzeug. Ein freundlicher Isländer hilft mir die Maschine ans Ufer zu schieben, fährt mit mir noch mal über den Fluss um mein Gepäck zu holen. Sehr nett. Dankeschön.
Bei mir macht sich jetzt Panik breit. Wird die Maschine wieder starten, oder muß ich hier am Fluss wieder übernachten, um dann am nächsten Morgen irgendwie Hilfe zu organisieren. Die nächste Stadt ist meilenweit weg und für mich zu Fuss nicht erreichbar.
Ich drehe den Zündschlüssel und drücke auf den Anlasserknopf. Der Motor stottert. Es scheint aber nicht so schlimm zu sein, wie vor ein paar Tagen. Sie möchte starten. Ich versuche es weiter. Und noch mal. Ja Baby. Komm.
Dann endlich kommt der Motor auf Drehzahl. Ich gebe gas. Ja ja ja. Komm komm.
Läuft. Puuuhhh. Glück gehabt.
Ich komme an einen kleinen Ort an und fahre sogleich auf den Campingplatz und baue mein Zelt auf.
Ich bin erledigt. Der Tag heute war besonders schön und besonders hart zugleich.

Am nächsten Morgen strecke ich den Kopf aus meinem Zelt und was sehe ich? Strahlend blauer Himmel. So gefällt mir das. Ich nehme mir vor zu der Werkstatt zu fahren, die mein Motorrad abgeschleppt hat, um mir eine Rechnung für meine Versicherung ausstellen zu lassen. Das hatte ich in der Aufregung ganz vergessen und ich befinde mich gerade mal ca. 60km davon entfernt.
Seit einiger Zeit stört mich schon ein Vibrationsgeräusch, dass ich nicht genau lokalisieren kann. Ich glaube dass es entweder von den Handprotektoren kommt, die ich kürzlich montiert habe, oder vom Helm.
Das ist eine gute Gelegenheit in dieser verlassenen Gegend mal den Helm auszuziehen und mal ohne zu fahren. Nach wenigen Kilometern bin ich mir jetzt ziemlich sicher, dass das Geräusch vom Helm kommt. Ich würde jetzt gerne weiter ohne Helm fahren, aber meine Sonnenbrille, die sich stets im Tankrucksack befand ist bei irgendeiner umkipp Aktion zerbrochen. Ohne Sonnenbrille möchte ich aber nicht fahren, da mir Insekten ins Auge fliegen könnten und ich mit einer Augenverletzung rechnen müsste.

Als ich dann beim nächsten Tankstop meine trocken gelaufen Kette ölen will, passiert mir ein Missgeschick. Beim Versuch die Maschine auf den Hauptständer zu stellen, kippt mir diese auf meine daneben stehende Alu Box und beschädigt das Scharnier vom Schloss. Wieder etwas kaputt.
Ich biege das Scharnier soweit wieder zusammen, dass es notdürftig den Kofferdeckel hält.
Im Shop an der Tankstelle finde ich doch tatsächlich eine Sonnenbrille. Das nenne ich Glück.

Anschliessend fahre ich zur Werkstatt. Der Chef stellt mir anstandslos die Rechnung aus.

Ein kleines Stück verbotene Freiheit
Nachdem ich etwas aus dieser Kleinstadt raus gefahren bin, möchte ich es jetzt wissen. Ich bin auf der Ringstrasse, die  zugleich Hauptstrasse ist, halte an und setze den Helm ab und die neue Sonnenbrille auf. Den linken Arm führe ich jetzt durch die Visieröffnung und klemme damit den Helm in meinen Ellebogen ein.
Sollte mich die Polizei erwischen...Na und, die Strafe zahle ich dann gern.
Ein kurzer Blick in den Spiegel und ich bekomme Respekt vor mir. Hätten sie für den Film „Der Terminator“ nicht den Schwarzenegger genommen; ich hätte mich bewerben können.

Und los geht’s. Ich beschleunige auf 100km/h. Weit entfernte Berge, Hügel und die steinige mit leichtem Gras überzogene Steppe ziehen langsam an mir vorbei. Vor mir immer die Strasse mit langen geraden. Der Wind weht mir um die Nase und Ohren. Meine Rastalocken ziehen sanft an meiner Kopfhaut. Ich bin so nah an der Natur, dass ich eins mit ihr bin. Das Tüpfelchen auf dem I zur ohnehin schon grenzenlosen Freiheit. So fahre ich die ganzen 60km bis zu meinem Camp zurück.

Nach elf Tagen Island schaue ich auf mein GPS. Der Kilometerzähler zeigt 3056  gefahrene Kilometer an. Zusätzlich kommen noch ca. 1400km für die einfache Fahrt von zu Hause nach Dänemark hinzu.
Ich möchte es jetzt langsamer angehen lassen. Am 29.7 geht die Fähre wieder nach Hanstholm zurück. Ich habe nicht im voraus gebucht und hoffe, dass ich auch diesmal ein Ticket bekomme.

26.7.10
Das Wetter hat heute das erste mal umgeschlagen. Auch gut. Ich bin vollkommen zufrieden, komme noch trocken in Seydisfjördur an und erhalte am Schalter mein Ticket.
Am Campingplatz schlage ich mein Zelt auf und muß nur noch hier zwei Tage aushalten.

Kurz bevor es mit der Fähre wieder nach Hanstholm zurück geht, wird der Campingplatz richtig dicht. Ich treffe wieder auf einige Motorradfahrer und tausche Erfahrungen aus.
Auf der Rückfahrt begegnet man sich immer wieder an Deck, schliesst sich zu Gruppen zusammen und beim Bier machen lustige Geschichten die runde.

Die Fähre legt in Seydisfjördur an


In Hanstholm angekommen habe ich jetzt eine lange Heimfahrt vor mir. Ich stelle einen neuen persönlichen Rekord auf. 960km an einem Tag bis kurz vor Frankfurt.
Am nächsten Tag habe ich es dann geschafft. Ich bin wieder zu Hause.


Die Route


 
   
 

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